Spontanität bereichert das Reisen. So gerate ich vom provinziellen Nightlife in mein tollstes Reiseabenteuer in Peru. Unverhofft nehme ich an einer Expedition und Trekking durch den Amazonas Dschungel teil. Mit einem Boot fahren wir den Rio Paranapura hoch, bis die Untiefen eine Weiterfahrt verunmöglichen. Zu Fuß erkunden wir die Heimat der Chayahuitas Indianer mitten im abenteuerlichen Amazonas Regenwald.

In einer Bar in Yurimaguas

Nach einer langen Busreise durch die Anden gelangte ich nach Yurimaguas, an den Rio Huallaga, mitten im peruanischen Regenwald. Hier wollte ich einige Tage verbringen, um mich an das tropische Klima zu gewöhnen, vor der Schiffsreise auf dem Amazonas nach Iquitos. Wie ein Ritual verbrachte ich den ganzen Morgen beim Frühstücken, Reiseblog schreiben und Zeitung lesen, wegen der Abgeschiedenheit jeweils die Ausgabe des Vortages. Am Nachmittag erkundete ich die Umgebung von Yurimaguas und gegen Abend setzte ich mich auf der Plaza in die R.A.P. Bar. Beim einen oder anderen Bier unterhielt ich mich mit den gesprächigen Einheimischen und fühlte mich bald schon wie zu Hause. Irgendwie schien es jedoch, als ob ich auf etwas warten würde, jedoch selbst noch nicht genau wusste worauf.

Fluss im Amazonas von Peru
Fluss schlängelt sich durch den Amazonas in Peru.

Das Projekt ist geboren

Eines Abends kamen neue Gäste ins Hostel, einige Peruaner. Wir setzten uns schlussendlich in die R.A.P. Bar und genossen die kühlen Cervezas gegen die tropische Hitze. Ein etwas fülliger Typ mit einer schwarzen Beatles Pilzfrisur, fing an von seinen Abenteuern zu erzählen, von vergessenen Indianerstämmen, geheimnisvollen Hieroglyphen, exotischen Pflanzen, gefährlichen Tieren, wilden Flüssen, verwunschenen Wasserfällen…

Ich glaubte ihm nicht mal die Hälfte. Trotzdem war er der geborene Erzähler und sah sich selbst als peruanischen Indiana Jones. Er stellte sich als Luis vor und erwähnte auch, dass er morgen eine Gruppe amerikanischer Abenteurer in den Urwald führe. Er lud mich spontan ein, an dieser Amazonas Expedition teilzunehmen. Darauf hatte ich also gewartet. Ich war sofort Feuer und Flamme, natürlich wollte ich da mit!

Affe im Amazonas Dschungel
Affe im Amazonas Dschungel.

Vorbereitung der Urwald Expedition

Früh am folgenden Morgen herrschte geschäftiges Treiben im Innenhof des Hotels. Die amerikanischen Mitstreiter waren eingetroffen. Ich schüttelte mal allen schnell die Hand. Niemand hatte so richtig Zeit, alle waren mit den Reisevorbereitungen beschäftigt. Als ich auf die neuen Explorer-Kollegen schielte, bemerkte ich sofort, wie gut ausgerüstet diese waren: Zelte, Moskitonetze, Macheten, Outdoor-Kleidung, spezielle Tarnhosen… Luis erklärte mir, die seien alle nur für diese Dschungel Tour nach Peru geflogen. Ich solle mir keine Sorgen machen, ich könne dann mit der peruanischen Crew übernachten. Na ja, als Langzeitreisender in Südamerika war ich zwar nicht direkt für eine Amazonas Expedition ausgerüstet, aber erprobt in Reiseabenteuern.

Rio Huallaga bei Yurimaguas
Rio Huallaga bei Yurimaguas.

Bootsfahrt auf dem Rio Paranapura

Als alle bereit waren, marschierten wir zum Fluss runter und beluden das Boot mit unseren Rucksäcken und dem Proviant, den Luis und seine drei Neffen Jairo, Pepe und Jimmy besorgt hatten. Nun waren wir selbst an der Reihe und nisteten uns zwischen all dem Gepäck und der Ausrüstung so gut es ging ein. Der Kapitän ließ den Motor an, bog vom Rio Huallaga in den Rio Paranapura und schon tuckerten wir gegen die Strömung den Fluss aufwärts.

Die träge fließende, braune Wassermasse machte dauernd große Bogen, nie ging es geradeaus. Am Ufer dominierte auf beiden Seiten der Dschungel, welcher nur selten von einer Lichtung mit Bauernhütte und Weiden unterbrochen wurde.

Der erste Matrose, Mishaya, hatte sich auf dem Bug niedergelassen und warnte den Kapitän vor Sandbänken, Baumstämmen und entgegenkommenden Gefährten. Eigentliche Boote sahen wir fast keine, vielmehr bedürftig gezimmerte Flöße, welche oft Bananen und Hühner, aber auch Kühe und Leute transportierten. Ganz natürlich ließen sie sich stromabwärts treiben. Nur hie und da wurde mit einer Holzstange die Richtung angepasst.

Bootsfahrt auf dem Rio Paranapura
Bootsfahrt auf dem Rio Paranapura flussaufwärts in den Regenwald.

Ein Heim im Dschungel

Bei einer gestreckten Sandbank beendeten wir am späteren Nachmittag die Tagesetappe. Die Amis machten sich sofort an den Aufbau ihrer Zelte. Ich half dem peruanischen Team ein verlassenes Haus für die Nacht herzurichten. Das auf Pfählen erstellte Gebäude war von stattlicher Größe. Es hatte zwei Stockwerke. Im unteren Teil war eine mit Maiskolben gefüllte Vorratskammer, der obere Stock bestand aus einer aus Bambusstangen erstellten Plattform.

Verregnetes Abendmahl

Nachdem ich noch ein wenig weiter in den Urwald eingedrungen war und von einer kurzen Erkundungstour zurückkam, hatten die Peruaner schon ein Abendessen hergezaubert: Hühnchen mit Kartoffeln und Karotten. Kaum hatten wir uns aus der Pfanne geschöpft, fiel der erste Regen und erstickte das Lagerfeuer in einer zischenden Rauchwolke. Wir zogen uns rasch in das Pfahlhaus zurück. Während es draußen in Strömen regnete, erzählte Luis einen abenteuerlichen Reisebericht nach dem anderen und bot beste Unterhaltung. Als mich die Müdigkeit überkam, zog ich mich auf die obere Plattform zurück, spannte ein kleines Moskitonetz auf und legte mich schlafen.

Baumriesen recken sich gegen oben
Baumriesen recken sich gegen oben.

Bootsfahrt und Tortur beim Schieben

Mit dem ersten Tageslicht waren schon alle auf den Beinen und bald saßen wir dicht zusammengedrängt auf dem Boot. Je höher wir flussaufwärts tuckerten, desto weniger Wasser führte der Rio Paranapura. Somit kam es immer öfter vor, dass wir auf eine Sandbank auffuhren und praktisch nie die volle Kapazität des Motors ausnutzen konnten. Manchmal mussten wir alle ins Wasser springen, um das Boot durch eine besonders seichte Zone zu schieben.

Zu Gast beim Bürgermeister von Balsapuerto

Im Dorf Balsapuerto wurden wir vom Bürgermeister höchstpersönlich empfangen. Er schien äußerst erfreut über unseren Besuch und stellte uns sein Regierungsgebäude als Herberge zur Verfügung. Er führte uns durch das ganze Dorf, größtenteils vom indianischen Stamm der Chayahuitas bewohnt. Die Chayahuitas gehören mit etwa 14’000 Personen zu einer der wichtigsten Volksgruppen in dieser Region. Sie widmen sich hauptsächlich der Produktion von Mais, Bananen, Bohnen, Erdnüsse, Reis, Ananas und Tabak. In den letzten Jahren hat auch die Haltung von Tieren an Wichtigkeit gewonnen.

Kinder bei Basapuerto
Peruanische Kinder bei Balsapuerto.

Alternatives Tourismusprojekt im Amazonas

Stolz erklärte uns das Dorfoberhaupt, er wolle den Tourismus fördern, um der Gemeinde eine neue Einnahmequelle zu bieten. Zudem plane er eine nahe gelegene Salzmiene wieder auf Vordermann zu bringen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Darauf stießen wir mit einem frisch zubereiteten alkoholischen Getränk an. Er forderte er uns auf, die Schönheit dieser Gegend bei anderen Reisenden anzupreisen. Wie das halt so ist mit den Sprachkenntnissen der Amerikaner… sie verstanden kein Wort Spanisch. Vielleicht ist es auch besser für die Region, wenn nicht zu viele Besucher hier eindringen.

Barfüssige Helden

Wir schulterten unsere Rucksäcke. Hier in Balsapuerto startete die Trekking-Tour. Neben Luis und seinen drei Neffen begleitete uns ein vom Bürgermeister zur Verfügung gestellter Einheimischer und der Bootsjunge Mishaya. Es war echt faszinierend, wie diese beiden barfuß marschierten, über Steine, spitzige Dornen und geschickt den äußerst giftigen Paraponera Ameisen ausweichend. Der Stich der auch »24-Stunden Ameise« (Bullet Ant) genannten Insektes, wird als schmerzhaftester überhaupt bezeichnet, als ob man bei lebendigem Leib verbrennt würde.

Trekking über den Fluss
Trekking über den Fluss, immer wieder überquerten wir hüfttiefe Gewässer.

Fluss Trekking

Es galt einige hüfttiefe Flüsse zu überqueren. Dabei hatte ich das Gefühl, es würde sich immer um den gleichen handeln. Einmal gelangten wir zu einem zu Fuß unpassierbaren Fluss, welchen wir in einem wackligen Einbaum meisterten. Immer zu zweit wurden wir von einem der Chayahuitas rüber gepaddelt.

Auf Dschungelpfaden

Der Weg war anfänglich noch ziemlich ausgetrampelt. Außer dem tiefen, schlammigen Boden war das Vorwärtskommen kein allzu großes Problem. Je weiter wir uns von Balsapuerto entfernten, desto überwachsener und wilder wurde der Pfad. Selten brauchten wir mit der Machete den Weg frei zu machen. Da wir nur in Einerkolonne gehen konnten, hielt sich die Kommunikation in Grenzen. Jeder konzentrierte sich auf seine Schritte und die von seinem Vordermann zurückschnellenden Stauden.

Vegetation im Regenwald
Verregnete und nasse Vegetation im Regenwald.

Hohe Luftfeuchtigkeit im Regenwald

Schon nach kurzer Zeit war ich komplett durchnässt, von der Hüfte abwärts durch die vielen Flussquerungen und am Oberkörper durch die feuchte Pflanzenwelt und das starke Schwitzen. Die Hitze war drückend, obwohl die Sonnenstrahlen nur vereinzelt den Weg durch das dicke Blätterdach fanden.

Tierwelt lässt grüßen

Irgendwie raschelte, surrte, kratzte, flatterte, zirpte und knurrte immer irgendwas. Wildlife im Dschungel. Heute durften wir Affen bei der Baumgymnastik beobachten und einige Papageien segelten an uns vorbei. Am Flussufer gehörte die Sichtung einer gelben Schlange zu den Highlights. Vereinzelt ließen sich unterschiedliche Echsen sehen. Bei den Flussquerungen kündigte Luis zum Spaß immer wieder Piranhas und Krokodile an, welche wir jedoch zum Glück nie zu Gesicht bekamen. Meist sahen wir gar nicht richtig, was da alles durch die Gegend schlich. Insbesondere abends in stockdunkler Nacht blieb jeweils ein mulmiges Gefühl bei den undefinierbaren Geräuschen des Dschungels.

Echse im Regenwald
Echse als Repräsentant der Tierwelt im Regenwald.

Erfrischung beim Zwillingsfall

Ich verlor jegliches Zeitgefühl und hatte keine Ahnung wie lange wir schon unterwegs waren. Jedenfalls kamen wir zu einer idealen Lagerstätte beim Zwillingsfall, zwei etwa fünf Meter hohe Wasserfälle, welche in eine kleine Lagune plätscherten. Sofort entledigten wir uns der Rucksäcke und Kleider und tauchten in das erfrischende Nass.

Hieroglyphen im Dschungel

Ganz in der Nähe des Camps befand sich ein mächtiger Steinbrocken mit eingeritzten Hieroglyphen. Die Chayahuitas behaupteten, die Zeichnungen würden schon seit Jahrhunderten bestehen. Der bärtige Mike meinte, es wäre nur das Werk des Bürgermeisters von Balsapuerto, als zusätzliche Attraktion für sein Tourismusprojekt.

Camp auf der Expedition im Amazonas
Camp mit Zelten unserer amerikanischen Explorer auf der Expedition im Amazonas.

Mücken und Regen

Zum Schlafen musste mir heute Abend ein mit Palmblättern überdeckter Unterstand reichen. Ziemlich bald verzogen wir uns auch dorthin, hinter den Schutz der Mückennetze, weil die lästigen Viecher bei einfallender Dunkelheit zu einer unausstehlichen Plage wurden. Die Palmblätter hielten den einsetzenden Regen wenigstens einigermaßen ab.

Masato Zaubertrank

Ein Teller Milchreis und das Outdoor Adventure konnte weitergehen. Zuerst durch dichten Urwald, dann dem Ufer eines größeren Flusses entlang. Heute passierten wir auch das Haus der Familie unseres lokalen Gehilfen. Schon von weitem rief er seiner Frau etwas zu, damit sie uns mit einer Schüssel Masato empfangen konnte.

Masato ist ein sehr nutritives, dickflüssiges Getränk aus fermentierter Yucca, mit einem äußerst bitteren Geschmack. Doch mit etwas Zucker schmeckte es ausgezeichnet. Was wir anfänglich nicht wussten, war der Nebeneffekt.

So ließen wir die Schüssel fröhlich zirkulieren und labten immer wieder an diesem Zaubertrank. Und noch eine Runde, und noch eine Runde. Erst als wir uns von der Señora dankend verabschiedeten und zum Weitermarsch ansetzten, merkten wir die leicht alkoholische Substanz des Getränks. Mit leicht torkelnder Gangart zogen wir weiter.

Fluss auf dem Trekking
Ein entfernter Zufluss des Amazonas, hier noch mit klarem Wasser.

Regendusche

Plötzlich setzte ein kräftiger Regen ein. Nur gut hatte ich all meine Habseligkeiten in Plastiksäcke abgepackt und so konnte eigentlich nicht viel passieren. Trotzdem beschleunigten wir unser Marschtempo und beschlossen einstimmig ein nahegelegenes Dorf anzusteuern. Natürlich hatte unserer Begleiter irgendwelche Familienangehörige hier und somit fanden wir schnell Unterschlupf. Lustigerweise wurde uns gleich wieder Masato offeriert, warum auch nicht?

Schere, Stein, Papier – der Kopf ist weg

Der Regen tobte unvermindert weiter, konnte aber das Knurren des Magens nicht übertönen. Die Gastgeber boten eine im Vorhof stolzierende Henne an. Alles klar, wir tauschten Brot und Schokolade gegen das Hühnchen. Jairo hatte in einer peruanischen Art von »Schere, Stein, Papier« die Ehre gewonnen, dem Tier den Hals umzudrehen. Die anderen mussten die undankbare Aufgabe des Rupfens auf sich nehmen.

Haus im Amazonas
Haus einer peruanischen Familie mitten im Amazonas.

Nachtlager in der Schule

Der Regen wollte und wollte nicht nachlassen. Teils deswegen und teils weil unser Guide lieber mit den Verwandten und Bekannten Masato trinken wollte, als mit uns irgendwo im Regen zu campieren, beschlossen wir die Nacht hier zu verbringen. Der Häuptling anerbot uns das Schulgebäude als Schlafstätte. Unter scharfer Beobachtung des halben Dorfes fingen wir an uns einzurichten. Immer zwei Tische zusammen geschoben ergaben eine Liegestätte. Dies war sicher angenehmer als der steinige und nasse Boden. Ironischerweise hörte der Regen genau jetzt auf und sofort drückte die Abendsonne zwischen den rasch abziehenden Wolken durch.

Peruanisches Fußballspiel im Urwald

Als wir alle gemütlich vor der Schule saßen und uns sowie den Kleidern eine Chance zum Trocknen gaben, kam plötzlich das Dorfoberhaupt vorbei. Er forderte uns im Namen seiner Bewohner zu einem Fußballspiel auf! Zuerst dachte ich es sei ein Scherz. Zudem war die Lichtung gerade mal groß genug für ein Dutzend Hütten, die Schule und eine kleine Weide. Weide? Na klar, einige Chayahuitas waren schon daran eine Handvoll Rinder und einige Hühner zu verjagen. Daraufhin wurden auf beiden Seiten zwei Tore aufgestellt. Fertig war der Fußballplatz. Nur die zahlreichen Exkremente waren noch stinkende Zeugen des anderen Verwendungszweckes dieses Multifunktionsrasens.

Also nichts mit ausruhen und trocknen. Ich stieg wieder in die triefenden Schuhe und nahm mit den drei fußballbegeisterten Neffen Jairo, Pepe und Jimmy sowie den beiden Gringos John und J.J. die Herausforderung an. Die gegnerische Mannschaft wollte noch unbedingt um Geld wetten. Glücklicherweise konnten wir ihnen das ausreden. Wer weiß, ob wir bei einem allfälligen Sieg immer noch ihre Gastfreundschaft und das Privileg der Schule gehabt hätten. Aber so weit kam es gar nicht, da es nach der ersten Hälfte des Spiels 2:2 Unentschieden stand und die Dunkelheit eine zweite Halbzeit verhinderte. Zufrieden übernahm die Tierwelt den Rasen wieder.

Fussballspiel im Regenwald von Peru
Improvisiertes Fußballspiel im Regenwald von Peru.

Dschungel Burnout

Die Bewohner des Dorfes schlugen vor, uns zu einem für sie magischen Wasserfall zu führen. Doch es stellte sich heraus, dass meine amerikanischen Kollegen keine wirkliche Lust auf dieses Abenteuer hatten. Sie bevorzugten auf direktem Weg zu unserem Boot am Paranapura Fluss zu gelangen. Nur Mishaya blieb mir ein treuer Begleiter.

Urwald Olympiade mit zwei Goldmedaillen

Also zogen wir beide zusammen mit einem älteren Chayahuita los. Dies sollte der härteste und abenteuerlichste Tag des Trekkings werden. Nicht mal einen richtigen Pfad gab es, meist führte uns der lokale Guide querfeldein.

Die Strecke konnte in verschiedene Disziplinen aufgeteilt werden und ich stellte mir dabei eine Dschungel Olympiade vor. Die erste Disziplin war ein Kanu über einen Fluss paddeln. Dann galt es auf der anderen Seite einen fast vertikalen Hügel zu erklettern. Bei der nächsten Disziplin mussten wir auf glitschigen Steinen vorwärts balancieren. Die folgende Flussquerung stellte eine spezielle Herausforderung dar. Mit der einten Hand mussten wir die Rucksäcke auf dem Kopf stützen, mit der anderen Hand hielten wir uns fest, um mehr Stabilität zu erhalten und nicht von der starken Strömung weggeschwemmt zu werden. Die schlimmste Etappe führte durch ein fieses Dornengestrüpp, welches uns auch bei größter Sorgfalt blutige Wunden riss. Als letzte Disziplin am Ziel der Expedition, durften wir durch eine Lagune bis zum Wasserfall schwimmen.

Bei dieser Olympiade konnte ich gleich zwei Goldmedaillen vergeben. Erstens für den Chayahuita Führer und zweitens für Mishaya. Das war wirklich eine Augenweide zu beobachten, wie die beiden barfuß all diese Disziplinen scheinbar spielend bewältigten, während ich doch einige Male den Boden geküsst hatte und mehrere blutige Schrammen abbekam.

Wasserfall im Amazonas
Wasserfall nach der Dschungel Olympiade.

Glasklare Lagune und brauner Amazonas

Der Ort beim Wasserfall selbst war sehr hübsch und friedlich. Eine wild sprühende, weiße Wassermasse zischte zwischen dem grünen Dickicht heraus und fiel in eine glasklare Lagune, wo das Wasser langsam weiter floss und sich wiederum in einen Bach verwandelte. Ich bin mir sicher, die klaren Wassertropfen werden sich an diesen einten Sprung über die Felswand wehleidig erinnern. Später werden sie nur noch ein minimaler Bruchteil der braunen, verschmutzten Wassermenge des Amazonas sein.

Totale Erschöpfung

Die Wanderung zurück nach Balsapuerto an den Paranapura Fluss, war sehr kräfteraubend und zog sich enorm in die Länge. Zudem hatten wir den ganzen Tag nichts gegessen, außer einigen feuchten Keksen und einem Schluck eines mysteriösen Energy Drinks aus der Flasche des greisen Guides. Umso grösser die Erleichterung, als wir endlich Balsapuerto erreichten.

Vegetation im Dschungel
Vegetation im Dschungel

Rückkehr mit dem Boot nach Yurimaguas

Wieder vereint mit den Peruanern und Amerikanern, waren wir am nächsten Morgen zeitig bereit für die Rückfahrt. Es stellte sich jedoch heraus, dass der zurückgebliebene Kapitän seine Zeit der letzten Tage nicht sinnvoll genutzt hatte. Genau jetzt fing er mit Unterhaltsarbeiten an. Somit mussten wir noch eine gute Weile geduldig warten. Viva Peru.

Schlussendlich heulte der Motor auf. Die Fahrt auf dem durch die heftigen Regenfälle der letzten Tage stark angestiegenen Paranapura ging mit vollen Pferdestärken los. Vor einer Woche noch brauchten wir flussaufwärts zwei Tage, nun meisterten wir die Distanz in einem einzigen Tag.

In der R.A.P. Bar in Yurimaguas

In Yurimaguas verabschiedete ich mich von meinen Reisegefährten, welche noch heute Abend per Bus aus dem Amazonas wollten. Ich richtete mich erneut im gleichen Hostel im gleichen Zimmer ein und genoss endlich wieder mal eine richtige Dusche.

Abends feierte ich in meiner geliebten R.A.P. Bar. Wie damals Luis vor einer Woche, fühlte ich mich nach dem Dschungel-Survival nun in bester Laune. Ich erzählte den Stammkunden der Bar von meinem Reiseabenteuer, von vergessenen Indianerstämmen, geheimnisvollen Hieroglyphen, exotischen Pflanzen, gefährlichen Tieren, wilden Flüssen, verwunschenen Wasserfällen…

Die Expedition fand vor einigen Jahren statt, mit einer bescheidenen fotografischen Ausbeute. Einige Fotos wurden als Symbolbilder verwendet, um den Bericht anschaulicher darzustellen.

Jack Schulz
Der Weltentdecker Jack fühlt sich in den heimischen Alpen auf einem Trekking oder mit dem Mountainbike genau gleich wohl wie draussen in der weiten Welt. Seine längste Reise führte in über 5 Jahren von Kanada in die USA und nach Mexiko, durch ganz Mittelamerika und die Karibik bis tief runter nach Südamerika. Das Fernweh ist jedoch nicht kuriert. Die Passion für Outdoor Adventure und das Erkunden von neuen Ländern ist dominanter als je zuvor.