Reiseabenteuer auf dem Mekong

Der Mekong ist einer der mächtigsten Flüsse in ganz Asien. Nach einer Reise von rund 4350 Kilometer fliesst er im südlichen Vietnam durch das fruchtbare Mekong-Delta und mündet in unterschiedlichen Flussarmen ins Meer. Das Element Wasser prägt diesen Landesteil. Boote und Schiffe sind das Hauptverkehrsmittel. Kleine Flussläufe umzingeln Inseln und Dörfer. Auf den schwimmenden Märkten handeln die Vietnamesen die Alltagsgegenstände. Wir erkunden diese Welt aus Wasser auf einer Bootstour.

Die längsten Flüsse in Asien

Der Mekong ist einer der mächtigsten und längsten Flüsse in ganz Asien. Er hat eine Länge von 4350 km. Doch wie bei so vielen Flüssen ist diese Zahl umstritten, je nach Messung und Annahme der Ursprungsquelle ergeben sich andere Angaben. Interessanterweise befinden sich die Quellen der beiden Flüsse Mekong und Yangtze Kiang gar nicht weit auseinander im Himalaya Gebirge, auf rund 5000 m. Im Drei-Parallelflüsse-Nationalpark verlaufen sie in tief eingeschnittenen Tälern parallel zusammen mit dem Saluen durch die chinesische Provinz Yunnan. Der Saluen mündet im Indischen Ozean, während der Yangtze Kiang nach Osten abdreht und ins Ostchinesische Meer gelangt.

Reise in Vietnam auf dem Boot
Schiffsreise mit den Welt Explorer auf dem Mekong im südlichen Vietnam.

Die Heimat des Mekong River

Der Mekong fliesst zuerst durch die Autonome Region Tibet und dann durch sechs Länder oder streift diese zumindest. Jedes Land oder Region gibt ihm seinen eigenen Namen. Er entspringt als «Zaqu» im Hochland von Tibet und heisst beiden Chinesen «Lancang Jiang». Danach ist er als «Mekaung Myit» Teil der internationalen Grenze zwischen Myanmar (Burma) und Laos. Hier nennen sie den Fluss «Mènam Khong» und in Thailand «Mae Nam Khong». Der «Mékôngk» fliesst dann durch Kambodscha und mündet als «Song Me Kong» in Vietnam in das Südchinesische Meer. Im Rest der Welt sagen wir einfach Mekong.

Ho-Chi-Minh Stadt

Die Hauptstadt von Vietnam ist Hanoi. Die mit fast 8 Millionen Einwohnern grösste Stadt und das wirtschaftliche Zentrum des Landes ist jedoch Ho-Chi-Minh. Das ehemalige Saigon wurde zu Ehren des grossen Revolutionärs und Ministerpräsidenten der südvietnamesischen Republik umbenannt.

Wir tauchen ein in die pulsierende Metropole, deren Reiz in der gelungenen Kombination traditionellen Erbes und moderner Einflüsse liegt. Futuristische Wolkenkratzer, ratternde Motorräder, Flüsse und Kanäle prägen das Stadtbild. Nach drei Tagen Grossstadtleben freuen wir uns auf das nächste Reiseabenteuer: Das Mekong-Delta.

Ho-Chi-Minh Stadt im Süden Vietnams
Geschäftges Zentrum von Ho-Chi-Minh City.

Organisierte Tour oder Individualreise

Für die Erkundung des südlichen Vietnams haben wir uns für die Buchung einer 3-Tagestour entschlossen, wie sie bei den unterschiedlichsten Agenturen in Ho-Chi-Minh buchbar ist. Zahlreiche Punkte sprechen dafür. Das kompakte und vielversprechende Reiseprogramm gefällt uns, die Homestays bei vietnamesischen Familien ebenfalls und insbesondere schätzen wir die organisierte Überfahrt nach Kambodscha. Es würde uns zudem eine kleine Auszeit vom Organisieren des Reisealltags geben.

Bei einer gebuchten Tour geht als Konsequenz die Individualität verloren und es schränkt unseren Aktionsradius ein. Auch begraben wir unsere Reiseidee, auf der traumhaften Insel Phu-Quoc einige entspannende Tage am weissen Sandstrand zu verbringen.

Was uns nicht wirklich bewusst war, ist das mit dem fehlenden Guide. Zwar gesellt sich immer mal wieder ein englischsprachiger Einheimischer zu uns, doch nicht durchgängig, meist sind wir in der Domäne von wortkargen Bootsführern.

My Tho, das Tor zum Mekong-Delta

Mit einem Kleinbus steuern wir zuerst die Ortschaft My Tho an, das Tor zum Mekong-Delta, rund 60 km südlich von Ho-Chi-Minh. Wir besichtigen die Vinh-Trang-Pagode mit ihren riesigen Buddha-Statuen und der hübschen Parkanlage, spazieren dem Flussufer entlang und besuchen den umtriebigen Markt. Dieser bietet so manche exotischen Delikatessen. Für alles was kreucht und fleucht finden die Vietnamesen die passende Zubereitungsart. Wie wäre es mit frittierten Heuschrecken, gebratenen Käfern, gebackenen Engerlingen oder eingelegten Skorpionen und Schlangen? Unsere Wahl fällt letztendlich auf eine weniger aufregende Schüssel Pho, Vietnams Nudelsuppe, in einer der Strassenküchen beim Markt.

Stadt am Mekong in Vietnam
Stadt am Mekong, mit den typischen Pfahlhäuser am Ufer.

Eine Welt aus Wasser

Das Mekong-Delta ist ein wahres Wasseruniversum. Der mächtige Fluss teilt sich im Süden von Vietnam in mehrere imposante Nebenflüsse und Hunderte von kleineren Flussläufen, die wiederum durch Kanäle miteinander verbunden sind. Im Delta spielt sich ein eigenes Leben ab, beherrscht durch das Element Wasser und den Rhythmus der Flussläufe. Trotz der Anstrengungen die Inseln und Landflächen mit Brücken zu vereinigen, bleibt das Boot das wesentliche Transportmittel. Viele der direkt an den Ufern gelegenen Dörfer und Städte können nur auf dem Wasserweg erreicht werden. Wohnen, arbeiten, einkaufen, spielen, reisen – im Mekong-Delta spielt sich das Leben auf dem Wasser ab.

Ein Holzkahn mit Scharfblick

Bei soviel Wasser lässt sich die Gegend natürlich am besten mit einem Boot erkunden. Wir begeben uns zu einem kleinen, improvisierten Hafen in My Tho. Zu unserer grossen Überraschung steht hier ein dreistöckiges Kreuzfahrtschiff, die «Jayavarman». Ein riesen Gaudi, weil wir natürlich genau wissen, dass unser Boot einen anderen Standard aufweisen wird. Tatsächlich ist unser Transportmittel ein länglicher Holzkahn, welcher seine besten Tage schon lange hinter sich hat. Die am Bug aufgemalten Augen strahlen freundliche Zuversicht aus, sie sollen die bösen Geister fernhalten. Wie sympathisch, da kann uns das Kreuzfahrtschiff gestohlen bleiben.

Boot im Mekong-Delta
Boot mit Scharfblick, die aufgemalten Augen sollen die bösen Geister fernhalten.

Schifffahrt auf dem Mekong

Knatternder, lauter Motorenlärm… es geht los. Wir schippern von My Tho, über die Region Ben Tre bis Can Tho durch ein Labyrinth aus Flussarmen und Kanälen ins Herz des Deltas. Der Mekong schläft nie. Bei Tag und Nacht schippern Schiffe aller Arten durch das braune Wasser: Fähren, Motorboote, Transportschiffe und Kreuzfahrtschiffe. Dazu sieht man die traditionellen Ruderboote, Sampans genannt. Mit grosser Geschicklichkeit werden diese im Stehen gesteuert, von Männern und Frauen, die wie einst den traditionellen, übergrossen Strohhut tragen.

Reisschüssel Vietnams

Das Mekong-Delta ist äusserst fruchtbar, dank der konstant neu aufgetragenen Sedimente. Nicht umsonst wird das Delta als «Reisschüssel Vietnams» bezeichnet. Bis zu drei Reisernten pro Jahr werden eingefahren. Dazu bauen die lokalen Bauern Früchte, Gemüse und Zuckerrohr an und züchten Fische.

Vietnamese mit dem Boot unterwegs
Vietnamese mit dem Boot unterwegs im Mekong-Delta.

Das Leben am Fluss

Die Vietnamesen lassen sich durch nichts aus der täglichen Routine bringen. Auf einer Planke, wie diejenige für Meuterer aus einem Piratenfilm, sitzt eine junge Frau und wäscht sich das lange, schwarze Haar. Matrosen zerhacken im hinteren Teil eines Frachtschiffes das Gemüse fürs Mittagessen. Eine Mutter rudert ihre Tochter zur Schule. Manchmal flitzt ein Schnellboot mit übertrieben vielen Pferdestärken vorbei. Am Ufer stampfen die Bauern durch die Reisfelder und gehen ihrer Arbeit nach. Einige bis zu den Hüften im Wasser stehende Vietnamesen sind dabei einen Netz-Zaun einer Fischfarm auszubessern. Ein Mann reitet auf einem Wasserbüffel im Fluss, das Tier kann gerade noch die Nasenlöcher zum Atmen über Wasser halten.

Und natürlich fehlt auch der ruhende Teil der Bevölkerung nicht: Kartenspielende Senioren, in einer Hängematte schaukelnde Mütter, im Schatten sitzende Arbeiter, in der braunen Brühe des Mekong spielende Kinder…

Familie im Boot
Das Boot ist das wichtigste Transportmittel im Süden Vietnams.

Übernachtung in Can Tho

Unser Bootsführer ruft uns etliche Male «Can Tho Sidi, Can Tho Sidi» zu, bis wir endlich merken, dass er mit «Can Tho» den Namen der Ortschaft meint und «Sidi» wäre in seinem vietnamesischen Akzent die City. Eine klärende Konsultation des Reiseführers bringt erstaunliche Fakten zu Tage. Dies ist mit über einer Million Einwohner die grösste Stadt im Mekong-Delta und die viertgrösste Stadt in Vietnam. Da wir unsere Unterkunft etwas ausserhalb beziehen, macht es eher den Eindruck eines Dorfes. Wir haben auch wenig Lust ins Zentrum zu gehen, lieber verbringen wir einen ruhigen Abend hier im Aussenbezirk.

Im kleinen Hotel gibt es gemäss den Inhabern selbst angebauten Reis und getrocknetes Fleisch von Schweinefüssen zu essen. Das hört sich vorerst abschreckend an, schmeckt jedoch ausgezeichnet. Dazu trinken wir Reiswein und reden stundenlang. Alle Reisenden haben ein spannendes Repertoire an Reisegeschichten zu erzählen und wir lassen den Tag gemütlich ausklingen.

Pfahlhaus im Mekong-Delta
Einfaches Pfahlhaus am Flussufer.

Schwimmende Märkte von Cai Rang und Phong Dien

Can Tho ist für seine bemerkenswerten Flussmärkte in Cai Rang und Phong Dien bekannt, ein unangefochtenes Highlight. Frühmorgens noch vor 6 Uhr treffen wir zusammen mit den ersten Händlern beim schwimmenden Markt von Cai Rang ein. Da es sich um einen Grossmarkt handelt, ist die Zielgruppe hauptsächlich andere lokale Händler. Somit wechseln auch grössere Mengen den Besitzer. Melonen werden werfend von Boot zu Boot umgeladen und fein säuberlich zu einer Pyramide gestapelt. Ganze Körbe mit Orangen werden in geschickten Bewegungen übers Wasser gereicht.  

Fast noch besser gefällt hat uns der schwimmende Markt von Phong Dien. Hier gibt es weniger Motorenlärm, die Kunden und Händler rudern, um ins Geschäft zu kommen. Von Bord zu Bord wird alles Lebensnotwendige gehandelt. Unser Guide winkt ein Frühstücksboot, eine schwimmende Küche herbei. Während wir eine undefinierbare Brühe löffeln, beobachten wir das geschäftige Treiben und die Farbenpracht rundherum.

Markt im Mekong-Delta
Auf den schwimmenden Märkten und am Flussufer wird reger Handel betrieben.

Grüsse vom Klo

Viele Einheimische in ländlichen Gegenden wohnen in Häusern auf Pfählen, einige Meter über dem Boden und somit geschützt vor dem regelmässig wiederkehrenden Hochwasser. Ein paar Schritte abseits, auf einem kleinen Steg, allenfalls halbwegs verdeckt durch einen Holzverschlag, befindet sich jeweils das Toiletten-Loch. Natürlich geht das Geschäft direkt in den Fluss. Wer weiß, wie gut die Koordination jeweils funktioniert, wenn der eine Nachbar mal muss und der andere flussabwärts seine Kleider wäscht. Doch für die Menschen hier scheint das gar kein Thema. Einige winken uns sogar über dem Loch kauernd zu, als wir vorbeifahren.

Bei einer vietnamesischen Familie

Wir kommen bei einem der Pfahlhäuser zu einem Halt. Der Vorplatz ist sauber gekehrt. Einige bunte Kleidungsstücke versuchen sich im Trocknen, ein schwieriges Unterfangen bei der schwülfeuchten Hitze.

Hier wohne seine Tante, meint unser Bootsführer. Eine ältere Dame mit grau meliertem Haar erscheint am Ufer und lächelt uns schüchtern zu. Sie nimmt eine Kartonschachtel mit Waren entgegen. Im Gegenzug hieven zwei Teenager einen Bastkorb mit Guavenfrüchten und Mangos zu uns an Board, bereit zum Abtransport zu einem der schwimmenden Märkte. Auch unser touristisches Boot erfüllt seine Funktion im vietnamesischen Alltag.

Eins der Kinder führt uns stolz durch die Baumplantage. Auf kleinen Feldern, die jeweils von Wassergräben getrennt sind, stehen die unterschiedlichsten Sorten von Bäumen. Mit dem Verkauf der Früchte verdient sich die Familie Truong ihren Lebensunterhalt.

Die Frau kauert nun Barfuss vor der Hütte und bläst in die Holzfeuerstelle, um die Flammen zu Höchstleistungen zu animieren. In einem verbeulten Topf bringt sie Wasser zum Sieden. Mit ihrer knochigen Hand überreicht sie uns den üblichen Grüntee und einige Kekse.

Vietnamesisches Mädchen
Vietnamesisches Mädchen und Tochter der Familie Truong.

Unser Kapitän

Wir tuckern weiter durch das Delta, mal durch schmale Kanäle, mal auf einem breiten Seitenarm. Träge fliesst der Mekong dahin. An manchen Stellen ist er so breit, dass das andere Ufer kaum noch zu sehen ist. In der Flussmitte verkehren die eher grösseren Schiffe, in Ufernähe sind die kleineren Holzboote unterwegs.

Plötzlich verstummt das laute Geräusch des Motors. Der Kapitän bittet einen Passagier das Steuer festzuhalten und verschwindet im hinteren Teil des Bootes. Das Boot gleitet derweil stoisch stromabwärts. Wir vernehmen ein Hämmern und wohl nicht alltagsgebräuchliche vietnamesische Fluchworte. Mehrmals heult der Motor wieder kurz auf, kommt indessen nicht mehr zum Laufen. Unser Steuermann scheint keiner dieser improvisationsstarken Alleskönner zu sein.

S.O.S. – wir treiben ab

Während das Boot weiter führerlos dahin gleitet, zückt er endlich sein Handy und führt einige lebhafte Gespräche. Ohne ein Wort an seine Passagiere zu verlieren, setzt er sich wieder hinter das Steuerrad, um uns kollisionsfrei abtreiben zu lassen. Der Fluss ist sehr breit und eigentlich kann nicht viel passieren. Wir warten geduldig und gespannt ab, was geschehen würde.

Nach einer guten Stunde taucht endlich ein unserem Kahn ähnlich aussehendes Gefährt auf, also wieder mit diesen kecken Augen. Die Boote werden parallel ausgerichtet und wir werden aufgefordert, an Bord des anderen Wasserfahrzeugs zu klettern. Nur der glücklose Kapitän bleibt zurück und verharrt auf seinem angeschlagenen Gefährt. Wer weiß, ob er bis ins Meer getrieben wurde. Unser neuer Bootsmann sagt kein Wort über den Vorfall. Wir kämpfen uns die gleiche Strecke wieder hoch und dann weiter, also ob nichts geschehen wäre.

Mekong Fluss in Vietnam
Eine Welt aus Wasser auf dem Mekong River.

Die Nacht am Ufer

Wir übernachten in einem kleinen Ort, dessen Name mir entronnen ist. Das kleine Zimmer in der familiären Pension ist wenig einladend. Das Holz der Wände leidet unter dem strengen Klima und weist Löcher und Ritzen auf. Diese wiederum sind der Haupteingang für allerlei Insekten und Kleintiere, welche angeblich das gleiche Zimmer gebucht haben. Immerhin hindert ein Brett vor dem Hauseingang die Hühner und Schweine am Eintreten. Ein Wasserbüffel harrt der Dinge, bevor es wieder zur Arbeit auf die Felder geht.

Die Lebensbedingungen sind sehr einfach. Authentisch ist unser Aufenthalt im Süden von Vietnam definitiv. Schlafen scheint nur den Tag zu unterbrechen, das Leben spielt sich draussen am Fluss ab. Nach dieser Maxime entfliehen wir auf einem Pfad runter ans Ufer. Friedlich zieht das mächtige Gewässer vorbei. Jeder europäische Fluss wäre stolz auf diese Wassermenge… und hier ist es nur einer von etlichen Flussarmen des Mekong. Mit den letzten Sonnenstrahlen reise ich in Gedanken gegen die Strömung, den weiten Weg bis zu seiner Quelle, im 4350 Kilometer entfernen Gebirge der Volksrepublik China.

Ruderwettkampf

Am nächsten Tag herrscht eine geladene Atmosphäre am Flussufer. Erst nach etlichen Versuchen kann uns jemand die Hektik in gebrochenem Englisch erläutern. Heute wird im Dorf ein traditioneller Ruderwettkampf abgehalten. Zahlreiche Schaulustige drängen sich ans Ufer, während die Teilnehmer scheinbar recht gelassen in ihren Holzbooten der Dinge harren, die da kommen sollen. Gerne hätten wir das Rennen angesehen, doch unser Bootsführer drängt zur Abreise, die Zeit sei knapp. Wir setzen unsere Schiffsreise fort.

Wir boarden abermals einen anderen Holzkahn und manövrieren zwischen all den mitmachenden Ruderbooten hindurch auf die Flussmitte. Die Zuschauer johlen uns zu, als ob wir auch Rennteilnehmer wären und verabschieden uns euphorisch.

Vietnamesen auf dem Mekong Fluss
Teilnehmer des Ruderwettbewerbs in einem vietnamesischen Dorf am Fluss.

Mysteriöser Passagier

Neben uns Reisenden und Explorer hat sich heute Morgen ein mysteriöser Vietnamese an Bord geschlichen. Er sei unser Visum-Spezialist und biete uns eine Erleichterung der Grenzformalitäten, gibt er uns nun mehr gestikulierend als sprechend zu verstehen. Der Vietnamese hält die hohle Hand hin, damit wir diese mit Dollarnoten füllen. Er stopft die Beute in die Hosentasche und verteilt jedem einen Einreisetalon. Wie das bei seinem exklusiven Visum-Service Usus zu sein scheint, hat er grosszügig bereits das heutige Datum eingesetzt. Den Rest muss jeder selbst ausfüllen.

Fisch, Fisch, Fisch

Die tropische Sonne sticht erbarmungslos, es muss deutlich über 30° sein. Die Haut fühlt sich konstant klebrignass an, Dusche hin oder her. Der penetrante Geruch der unzähligen Fischzuchten und Fischfabriken am Uferrand schwängert die Luft. Wir passieren die kleinen Fischfarmen und beobachten wie die Händler ihre Ware den vorbeifahrenden Kunden feilbieten.

Schon bald rattert unser Boot mit voller Motorenleistung einen Seitenarm des Mekong hoch, gilt es doch heute eine beträchtliche Distanz bis an die Grenze zu Kambodscha zurückzulegen. Die eine Seite wird meist von dichter Vegetation dominiert, während sich auf der anderen Seite riesige Reisfelder bis zum Horizont ziehen. Das ländliche Leben, die Bewirtschaftung der Felder und die Versorgung der Tiere stehen in dieser Region von Vietnam im Mittelpunkt. Vereinzelt sind Wohnhütten auszumachen, wobei uns die Kinder jeweils begeistert zuwinken. Rennend versuchen sie auf gleicher Höhe zu bleiben.

Pfahlhaus am Ufer des Mekong
Pfahlhaus am Ufer des Mekong, umgeben von Wasser.

Am Grenzposten

Als wir am späteren Nachmittag an der Grenze ankommen, verschwindet unsere helfende Hand lautlos samt Reisepässen. Wir setzen uns in einen dreckigen Innenhof an einige Plastiktische und bestellen das einzig verfügbare Tagesmenü mit Reis und einigen Stückchen Fleisch. Dann heisst es warten und warten und warten…

Nach etwa zwei Stunden kommt der mysteriöse Herr wieder zurück und legt die Pässe neben uns auf einen Tisch. Beim Durchblättern finden wir aber immer noch keinen Ausreisestempel drin. Doch ich bin nur schon froh, den Reisepass wieder in meinem Besitz zu wissen. Was hat er in dieser Zeit gemacht? Sind unsere Reisepässe durch den Geheimdienst geprüft worden? Oder unsere Identität verkauft worden?

Nun weist er uns an, den Rucksack zu schultern und schickt uns dem Ufer entlang zu einer schäbigen Hütte bei einer offenen Schranke. Und weg ist der geheimnisvolle Typ, ein ungutes Gefühl bleibt zurück.

Immerhin erscheint nun der mit dem wichtigen Stempel ausgerüstete Beamte und bezeugt unsere Ausreise aus Vietnam. Da er kein Geld verlangt, scheint unser vorheriger Begleiter doch was erledigt zu haben? Wir werden es nie erfahren.

U-Boot Yellow Submarine
Mit dem U-Boot Yellow Submarine fahren wir über die Grenze nach Kambodscha.

Mit der Yellow Submarine nach Kambodscha

Zum wiederholten Male bin ich erstaunt über die Organisation des ganzen Trips. Obwohl es irgendwie dauernd chaotisch zu und her geht, hat schlussendlich alles immer bestens geklappt. Wir sind immer betreut und haben immer ein Boot zur Verfügung. Auch jetzt. Gleich nebenan dem vietnamesischen Grenzposten ankert ein auffällig langes, gelbes Schnellboot. Es sieht aus wie ein Unterseeboot und ruft mir die Beatles Melodie von «Yellow Submarine» in den Sinn.

Die Fahrt dauert nur wenige Minuten, bis wir auf kambodschanischem Staatsgebiet die Grenzformalitäten erledigen müssen. Problemlos erhalten wir im Tausch mit einigen Dollar-Noten die Einreisebeglaubigung. Das Visum wird fein säuberlich in den Reisepass geklebt, um vom gleichen Beamten sogleich durchgestrichen zu werden. Nun ja, die Berechtigung zur einmaligen Einreise ist somit bereits aufgebraucht.

Und weiter geht die Reise. Die Crew setzt das gelbe U-Boot zum Tauchen an. Kambodscha wir kommen

Paul Wild
Paul behauptet von sich immer in die grossen Fussstapfen des Reiseautors Paul Theroux zu treten. Davon ist er noch weit, weit entfernt. Doch das Fernweh ist trotzdem vorhanden und die Lust am Schreiben auch. Die Welt ist sein zu Hause. Mehrere Langzeitreisen stehen in seinem Lebenslauf, auf allen Kontinenten. Von der letzten Weltreise wird Paul immer wieder über das eine oder andere Highlight berichten.